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20.01.2002

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Billigflieger...

Es ist schon seltsam: Auf der Suche nach Stoff für ein Editorial kommen mir seit geraumer Zeit offenbar in der Hauptsache juristische Themen in die Finger. Entweder kommen die immer häufiger vor, oder sie fallen einfach nur mir besonders ins Auge. Letzteres wäre auch kein Wunder, treffen doch unsere Gerichte vermehrt immer fragwürdigere Entscheidungen...

Wir lasen von dem Urteil wegen zuwenig(!) Fluglärm. Wir lasen den fragwürdigen Beschluss einer deutschen Richterin wegen ungenauer Tankanzeigen. Wir lasen von der Freilassung eines Piloten, der einem anderen vorsätzlich Quarzsand in den Motor geschüttet hatte.

Und nun lesen wir vom Streit zwischen der großartigen, unantastbaren Deutschen Lufthansa und dem 'Billigflieger' Ryanair.

An und für sich eine interessante Sache, zumindest für jeden Flug-Konsumenten. Interessant, zu beobachten, wie sich die seit Menschengedenken beinahe per Dekret festgesetzten Lufthansa-Preise immer häufiger der durch Fakten unterstützten Kritik ausgesetzt sehen. Und noch viel interessanter, zu beobachten, wie sich die beiden Kontrahenten verhalten. Bekanntermaßen offenbart sich ja spätestens im Streit der Charakter... Und was hier zutage tritt, gereicht der sich so gerne als Nobel-Airline sehenden Deutschen Lufthansa wahrlich nicht zum Ruhme.

Was sind die Fakten?

Einige Airlines, wie 'Go-fly', Buzz', 'Easyjet', Virgin Express' und eben 'Ryanair' zeigen, wie eine Budget-Airline wirtschaftlich erfolgreich sein kann. In den USA hatte das mit 'Southwest' schon bestens funktioniert, entgegen vieler Prophezeiungen. Europa war anders. Hier hielten die nationalen Gesellschaften Monopolstellungen und die Luftfahrtgesetze waren rigider. Erst im Zuge der Deregulierung war es überhaupt möglich, mit einer neuen Airline an den Start zu gehen. Allen voran die irische Gesellschaft Ryanair.

Und wie machen die das? Sie bedienen nicht die Mega-Airports, die enorme Kosten und umständliche, lange Abfertigungszeiten mit teuren Warteschleifen verursachen. Es gibt so viele Airports, gerade im nahen Umland der großen Städte. Wenn die als 'Mini-Hubs' genutzt werden, hat das gleich mehrere Vorteile: Die Airlines müssen nur einen Bruchteil der Kosten berappen, die in Heathrow, Rhein/Main, Charles-de-Gaule, etc. fällig würden. Und die kleineren - aber oft feineren - Airports können wirtschaftlich und technisch wachsen, weil Geld in die Kassen kommt, und die betreffenden Kommunen strahlen übers ganze Gesicht: Höhere Steuereinnahmen und Umsatzsteigerungen durch die Passagiere, die die Läden stürmen und die Nahverkehrsmittel nutzen, um in die nahen Metropolen zu gelangen.

Und dass Preise von derzeit bis hinunter zu 10 Euro für jede europäische Destination(!) keine (nach wie vor unzulässigen) Dumpingpreise sind, hat Ryanair-Chef Michael O'Leary mit offenen Mündern staunenden Journalisten und mit zusammengekniffenen Mündern zitronig steifen Konkurrenten mit leichter Hand vorgerechnet, in dem er alle Zahlen offenlegte. Und so mussten die Nadelstreifen-Herren mit ansehen, wie ein erfolgreicher Airline-Chef in Jeans und offenem Hemd mit wenigen, aber gewichtigen Strichen auf einer Flipchart zeigt, wie unkompliziert Betriebswirtschaft sein kann. Nicht zu widerlegendes Ergebnis: Die Airline fährt Gewinn ein!

Zu den zitronigen Gesichtern gesellte sich nun auch noch Bittermandel.

Nun hätte man das ja auch als sportlich-wirtschaftliche Herausforderung sehen können... Aber großen, wichtigen Unternehmen liegt in allererster Linie zunächst daran, groß und wichtig zu sein. Und zwar statisch. Besonders in diesem unseren Lande. Veränderung ist gefährlich, da muss plötzlich nachgerechnet werden, Aktivität nachgewiesen werden, und das ist schlimm, was könnte da alles herauskommen... Und das könnte ja den weichen, warmen Sessel kosten. Und so wird das anders angefangen.

Zuerst mal damit, dass immer ganz deutlich von 'Billigfliegern' gesprochen wird. Das assoziiert beim Fluggast so schön rostige, klappernde Fluggeräte, vielleicht mit Holzsitzen oder womöglich gar Stehplätzen. Nur leider hatte das nicht den erwünschten Erfolg. War ja auch leicht zu widerlegen, besonders durch begeisterte Fluggäste. Und O'Leary ärgert sich nicht im Geringsten darüber, eher im Gegenteil! Nicht wirklich ein schlechter Vergleich, als 'Aero-Aldi' bezeichnet zu werden...!

Dann damit, dass da ja kein Service geboten würde. Das stimmt nur bedingt: Auch diese Flüge werden von Stewardessen begleitet, sogar von sehr freundlichen und durchaus attraktiven, nicht von solchen, die penetrant an Lateinlehrerinnen erinnern, bei denen auf dem Kopf nur noch der Dutt mit der Nadel drin fehlt... Und ob mittelbraune Schwämme mit einer quietschenden Käsescheibe darin 400 Euro wert sind, muss jeder Fluggast selbst entscheiden. Und das tut er dann ja auch...

Na, wenn das alles nichts hilft, muss man halt klagen. Geld ham'wer ja...

Und so folgte eine kleine Klage der nächsten, Klagegrundlagen waren im Großen und Ganzen bisher die inzwischen berühmten 'Peanuts'. Die neueste Klage aber ist zunächst für Ryanair negativ ausgegangen. Und der Richterspruch reiht sich nahtlos in die eigenartigen Auffassungen von Richtern in der letzten Zeit ein: Nach einem Richterspruch des Oberlandesgerichts Köln (warum eigentlich Köln...?) darf der Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz nicht bei seinem offiziellen Namen 'Frankfurt-Hahn' genannt werden...! Hintergrund: Ryanair wirbt für seine Flüge von 'Frankfurt-Hahn' aus. Das sei 'irreführend'. Nun, dass potenzielle Fluggäste 'Frankfurt-Hahn' mit 'Frankfurt Rhein-Main' verwechseln könnten, ist nicht wirklich zu befürchten, wird doch in der Werbung durch dicke Pfeile zwischen Rhein-Main und Hahn und den dazwischen eingerichteten Shuttle-Service hingewiesen. Und: Schließlich heißt der Flughafen nun mal so...

Wie gesagt: Im Streit offenbart sich der Charakter. Und was sich hier offenbart, verursacht einigen Wind, hervorgerufen durch heftiges Kopfschütteln. Wahre Größe würde beweisen, wer sich der Fakten annehmen würde, wer wirklich sportlich- wirtschaftlich kämpfen würde. Wer echte Argumente und Falten zu bieten hat, braucht nicht zum Wadenbeißer zu werden. Aber leider ist für viele Unternehmensführungen der vielgesprochene Satz 'Wir nehmen die Herausforderung an' nur eine billige(!) Floskel, die das Hinplumpsen auf den warmen, weichen Sessel einleitet.

Solches Vorgehen allerdings, wie es hier in hilfloser Einfalt praktiziert wird, lässt die Frage aufkommen, wer hier eigentlich die 'Billigflieger' sind...

Euer


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