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21.10.2001

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Email an Sigi...

Blinder Aktionismus?

Ich wollte eigentlich diese Woche auch so ein humorvolles Editorial schreiben, wie Birgit es letzte Woche verfasst hat, da kam mir eine Meldung auf den Tisch, die mir die Kinnlade nach unten fallen ließ. Und die ich einfach nicht unkommentiert lassen kann.

Es werde vom Bundesverkehrsminister angestrebt, hieß es da, im Rahmen der Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen zur Abwehr terroristischer Eingriffe in den Luftverkehr auch 'die Benutzer von Flugsimulatoren zu überprüfen'.

Nun, selbst wenn damit lediglich die 'richtigen' Flugsimulatoren, wie beispielsweise einer der Lufthansa in Bremen, gemeint gewesen sein sollten, darf ein effektiver Nutzen bezweifelt werden.

Schon eine eigenartige, ja bedrückende Situation, die entstanden ist, beginnend mit dem 11. September 2001.

Dass sich unser aller latentes Lebensrisiko, und damit auch meines, schlagartig dermaßen ausgeweitet hat, verursacht von Leuten, über deren Beweggründe und geistig und menschlich moralische Anlagen ich nicht bereit bin, nachzudenken, macht mich zornig. Aber dass nun alle Welt reagiert, wie ein Ameisenhaufen, in den man getreten ist, halte ich für grotesk.

Sicher ist es richtig, dass das Sicherheitsdenken nun allenthalben sehr ernsthaft hinterfragt wird. Dass die teilweise sehr lax gewordenen Kontrollen gerade auf Flughäfen deutlich verschärft werden. Aber die Ausmaße, die das beginnt anzunehmen, sind, salopp gesagt, allmählich infantil.

Nagelfeilen aus dem Handgepäck nehmen und wegschmeißen? Jeder halbwegs geübte Kampfsportler macht einen Menschen mit einem schnellen Handgriff kampfunfähig oder kann ihn sogar töten, einen in seiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkten Piloten in seinem Sitz besonders leicht.

Cockpit-Türen verstärken? Meinetwegen. Sky-Marshalls? Von mir aus. Wie lange das die finanziell extrem gebeutelten Airlines mitmachen werden oder können, bleibt abzuwarten. Sechs bis acht Plätze pro Flug nicht verkaufen zu können, summiert sich übers Jahr beträchtlich!

Besonders scharfe Flughafen-Kontrollen für alle Interkontinentalflüge? Die vier Flugzeugentführungen fanden auf inner-amerikanischen Flügen statt...

Strenge Kontrollen für das Benutzen von 'echten' Flugsimulatoren? Mit Ausweis vorzeigen und Personalien und Fingerabdrücken festhalten? Prima! Die Terroristen, die diese Geschehnisse verursacht haben, waren allesamt unauffällige, bis dahin gesetzestreue Bürger, nach außen hin gewissermaßen wie du und ich. Was hätte es also gebracht, wenn es diese Kontrollen schon vor dem 11. September gegeben hätte? Nichts.Was bringt es uns jetzt? Auch nichts. Außer einem trügerischen Sicherheitsgefühl.

Gesetze ändern, verschärfen oder neu einführen? Es ist schon lange verboten, jemanden umzubringen. Gibt es deswegen keine Morde mehr? Terroristen neigen dazu, Gesetze zu missachten...

Goldgräberstimmung für alle bisher wenig beachteten Personen des 'öffentlichen Lebens': Endlich kann jeder mit irgendwelchen Vorschlägen kommen, Hauptsache es sind die Keywords WTC und Luftsicherheit vertreten, schon geht das Rotlicht der Kameras an!

Und willkommene Chance für eifrige Überwacher. Aber weder eine lückenlose Datenbank mit Fingerabdruck, DNA-Daten und was weiß ich noch allem, noch Video-Überwachung aller öffentlichen Plätze können derartigen Terror verhindern. Mit der Angst lassen sich gute Geschäfte machen, das weiß jeder Versicherungsvertreter. Und mit der Angst der Bevölkerung lassen sich prima Überwachung und Einschränkung der persönlichen Freiheit verkaufen. Man muss nur entsprechende Szenarien geschickt zeichnen.

Kein Mensch hat je im Traum daran gedacht, dass so etwas passieren könnte, was wir am 11. September in den Medien sehen mussten. Also war man darauf auch nicht wirklich vorbereitet. Nun werden tonnenweise Vorkehrungen getroffen, dass so etwas nicht noch einmal passieren kann. Fein. Und wer sagt uns, dass diese Existenzen, die für das Desaster verantwortlich sind, fürs nächste Mal das gleiche vorhaben? Ich halte überhaupt nichts von diesen verblendeten Lebewesen, die im Namen von was auch immer Angst, Schrecken, Leid und Tod verbreiten. Aber ich halte sie auch nicht für dumm. Und während die ganze Welt sich in puncto Sicherheit mit Tunnelblick auf alles rund um die Fliegerei stürzt, werden vielleicht völlig andere Pläne geschmiedet, Pläne, die wir uns ebenfalls nicht ausmalen können, wie vor dem 11. September.

Was will ich damit sagen?

Dass ich es für richtig halte, Sicherheitsvorkehrungen (nicht nur im Bereich Luftfahrt) dringend zu überarbeiten. Dass ich es für puren Aktionismus halte, mit welcher Hysterie das derzeit geschieht und welche Ausmaße das annimmt. Dass mich viele Meldungen und Berichte in den Medien über neue 'Sicherheitsvorkehrungen', Patrouillen mit Maschinenpistolen und finster blickend fatal an die Aera 1933 - 1945 erinnern. Oder auch an die 60er Jahre, in denen die 'Notstandsgesetze' das dumpfe Licht der damaligen Öffentlichkeit erblickten.

Es muss zu fragen erlaubt sein (jedenfalls noch...), was wir eigentlich noch schützen wollen, wenn wir dafür Grundrechte und Freiheit zurückfahren...? Sollten wir uns nicht mindestens genauso vor Angriffen auf unsere Freiheit schützen, die nicht von Terroristen aus anderen Ländern ausgehen...?

Dass sich unser aller latentes Lebensrisiko schlagartig dermaßen ausgeweitet hat, macht mich, wie gesagt, zornig. Aber es macht mich nicht ängstlicher! Weil sich leider gezeigt hat, dass wir nicht wirklich etwas dagegen tun können. Wir haben keinen Einfluss darauf, was verbogene, verbrecherische Hirne sich auszudenken in der Lage sind. Was wir tun können, ist, zu lernen, mit diesem enorm gestiegenen Lebensrisiko umzugehen. Weil es die einzige Möglichkeit ist. Angst zu haben, das Lachen einzustellen, eine Handvoll Sorgenfalten mehr auf der Stirn, ändern die Situation, dass jederzeit wieder etwas Schreckliches passieren kann, nicht im Geringsten.

In diesem Sinne zwar der Situation angemessene nachdenkliche, aber nichtsdestoweniger fröhliche Grüße

euer


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