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25.11.2001

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Erster Klasse zweite Klasse...?

Eigentlich sollte ja die Klassengesellschaft seit geraumer Zeit vorüber sein. Dass das nicht wirklich geht, ist an vielen Beispielen auszumachen, das erlebt jeder immer wieder. Bei der Bahn zum Beispiel ist lediglich seit rund vierzig Jahren die 'Dritte Klasse' weggefallen, das waren Holzbänke in verrauchten Waggons. Erste und Zweite Klasse sind geblieben. In der Passagier-Fliegerei gibt es sie inzwischen wieder, die drei Klassen, Economy (Früher: Touristenklasse), Business und First. Mit den Sitzen verhält es sich ähnlich wie beim Vorbild Bahn...

Und auch Menschen werden immer wieder von anderen in Klassen eingeteilt. Ob zu Recht oder nicht, offenbar fühlen wir uns wohler, wenn wir alles, was uns unterkommt, klassifizieren können. Oder ordnen. Für viele ist Ordnung eben nicht das halbe Leben. Sondern das ganze.

So werden wir Flieger nur allzu oft ebenfalls dort eingeordnet, wo die meisten überhaupt nicht hingehören (wollen): In die Klasse der Reichen, der Snobs, in die Klasse derer, auf die man neidisch sein muss. Schließlich tun wir etwas, was nicht nur extrem gefährlich, sondern überdies auch extrem teuer ist: Wir fliegen. Wem geht es nicht so, wenn bekannt wird, dass man Pilot ist: "Ach, Sie haben ein Flugzeug?" Und dann fast enttäuscht: "Ach, nicht? Sie chartern? Aber das ist doch sicher auch sehr teuer...?" Am Besten 'ja' sagen. Damit die Erwartungshaltung nicht gar zu enttäuscht wird... Man erwartet eben, dass wir reich sind...! So werden wir eben klassifiziert.

Nun sollte man meinen, das mit dieser Klassifizierung einher geht, dass wir auf irgendeine Art und Weise was Besonderes sind. Wohlgemerkt: In den Augen der meisten. Und dass wir das sind, können wir dann an vielen kleinen Beispielen erkennen. Besser gesagt: Müssen wir erkennen...: Während Otto Normalverbraucher mit seinem Auto lustig und zufrieden in der Welt umher fährt, müssen wir uns brav dort abmelden, wo wir abfahren (-fliegen), dort anmelden, wo wir ankommen, sagen, wo wir herkommen, wieviele wir sind, wie der Fahrer (Pilot) heißt, wohin's den weiter gehen soll... Während sich egal wie viele Autos um Ampelmasten wickeln, in Schaufenster versenken oder an Bushaltestellen unter die Wartenden mischen können, ist man fleißig bemüht, Städte für Luft-Fahrer, wenn sie nicht gerade ein Transportgewerbe ausüben, zu sperren, wenn ein ebenso privates Fortbewegungsmittel wie der Golf des Nachbarn eben dort einen Unfall hatte.

Und wenn jemand in voller Sachkenntnis (weil selber Pilot) dessen, was er tut, ein Flugzeug so sabotiert, dass es, wenn dies nicht rechtzeitig bemerkt wird, zu einem fliegenden Sarg für die Insassen und zu einer Bombe für Zeitgenossen am Boden wird, so wird dies als Sachbeschädigung angeklagt...! Hierzu folgende Meldung:

Kölner Stadt-Anzeiger, 18.11.01, 15:58h

Saboteur vom Dümpel wieder frei

Bergneustadt / Köln - Der Saboteur, der im Juni auf dem Dümpel zwei mit Quartzsand gefüllte Fingerlinge aus Gummi in den Öl-Einfüllstutzen eines Flugzeugmotors eingeführt hatte, ist wieder auf freiem Fuß. Nach einer Überprüfung des Falles durch das Schwurgericht wurde der Haftbefehl aufgehoben. Der im September festgenommene 46-jährige Oberberger konnte die Justizvollzugsanstalt Ossendorf wieder verlassen.

„Es besteht keinerlei Verdacht darauf, dass mein Mandant jemanden umbringen wollte, erklärte Verteidiger Reinhard Birkenstock gegenüber dem Kölner Express. Bei Flugzeug-Sabotage muss wie bei Autos zumindest einer einsteigen. Sonst liegt kein Tötungsversuch vor. „Es reicht nicht aus, wenn man eine Falle stellt und niemand hereinfällt“, so der Anwalt. Juristisch gehe es damit nicht mehr um versuchten Mord sondern nur noch Sachbeschädigung und vielleicht ein Eingriff in den Luftverkehr.

Der Täter war der Polizei fast drei Monate nach dem Sabotageakt ins Netz gegangen. Umfangreiche Tests, darunter auch eine DNA-Untersuchung von Spuren an den Fingerlingen hatten ihn schließlich überführt. Der Mann hatte die Tat gestanden. Seine Motive: Neid, Frust und Minderwertigkeitskomplexe. Wäre es bei der ursprünglichen Anklage geblieben, hätten ihm zehn Jahre Haft gedroht. Nun - so der Anwalt - werde er bald wieder arbeiten und Umsatzsteuerbescheide prüfen.

Sind wir nun Erste Klasse, oder Zweite Wahl...?

Die Manipulation ist nur bemerkt worden, weil der Pilot einen umfangreichen Preflight-Check gemacht hat. Wieviele Piloten aber fliegen mal eben 'ne halbe Stunde zum Kaffeetrinken und machen vor dem Rückflug dann eben keinen umfangreichen Preflight-Check mehr?

Wenn ich heimlich die Radmuttern des Nachbar-Golfs löse, so ist das durchaus eine Straftat. Dazu ist eben nicht erforderlich, dass dem Nachbarn dann auch tatsächlich etwas Schlimmes zustößt! Was sollten sonst die juristischen Begriffe 'versuchter Totschlag' oder 'versuchter Mord' im Strafgesetz zu suchen haben? Sie sind eben dafür da, auch solche Taten zu verurteilen, die aus den verschiedensten Gründen eben nicht zum ursprünglichen Ziel geführt haben. Juristisch gewürdigt werden kann nämlich, dass der Täter überzeugt ist, seine Tat führe zum Erfolg, auch, wenn dies im Ergebnis dann nicht eintritt!

Insoweit kann ich dem Gericht, das aufgrund der eigenartigen Begründungen des Anwalts die Beendigung der Untersuchungshaft angeordnet hat, ganz und gar nicht folgen. Aber wie eigenartig Gerichte zuweilen entscheiden, hat ja auch der Fall (erst zuviel Lärm, dann zuwenig) des Flugplatzes Beromünster in der Schweiz gezeigt... (siehe Editorial vom 23.09.).

Während das Führen eines Luftfahrzeugs mit abgelaufener Lizenz eine Straftat ist, soll also der geschilderte Fall lediglich eine Sachbeschädigung darstellen...? Weil Piloten ja eine andere Klasse sind...? Deswegen dürfen ja von Flugplatzgegnern auch schnell wachsende Pappeln am Landebahnende gepflanzt und tiefe, quer zur Anflugrichtung weisende Furchen vor und hinter die Landebahnschwellen gegraben werden... (siehe ebenfalls Editorial vom 23.09.)...

Oder was ist von besonderen erkennungsdienstlichen Überprüfungen von Nicht- Berufspiloten im Allgemeinen und Piloten von Maschinen bis 2 t MTOW im Besonderen auf dem Flughafen Tempelhof zu halten?

Welche Klasse sind wir denn nun...?

Glücklicherweise aber wird ja bekanntlich nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Und so bleibt abzuwarten, wie in dem oben beschriebenen Fall tatsächlich entschieden werden wird. Und ob sich eine derartige 'Klassifizierung' überhaupt fortsetzt, bei der die 'Pilot's Class' bei den 'Sachen' im Frachtraum eingeordnet wird...

In diesem Sinne

Herzliche Grüße,
euer


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